- Weniger gutes Design fällt dadurch auf, dass es beschriftet werden muss. Beispielsweise ist das Schild „Drücken“ unnötig, wenn die Tür keinen Griff hat, an dem man ziehen kann.
- Ein Automat mit vielen Eingabemöglichkeiten und diversen Anzeigen verwirrt einen Benutzer. Er sollte so gestaltet werden, dass die Eingabeelemente übersichtlich sind und den Benutzer auf dem Weg der Benutzung leitet.
- Smartphones mit einer Glasscheibe haben sich gegenüber Mobiltelefonen mit einer Tastatur durchgesetzt. Haben sie nur Vorteile? Nein, Blinde werden beispielsweise keine Chance haben zu telefonieren.
Entwickler und Anwender unterscheiden sich
Das Interface-Design ist erst etwa 1980 in die Software-Entwicklung eingeflossen, da zuvor die Benutzer oft die Programmierer waren. Nur Experten haben Computer bedient.Aber Entwickler sehen die Welt und insbesondere die Programme mit eigenen Augen und nicht mit denen des Anwenders. Der Entwickler verfällt so leicht in eines der folgenden Vorurteile:
- „Wenn ich es als Entwickler bedienen kann, kann es jeder bedienen.“ Dabei wird übersehen, dass man als Entwickler nach kurzer Zeit sowohl mit dem Thema als auch mit dem Programm eingeübt ist.
- So entsteht oft der Eindruck, der „dumme“ Benutzer ist schuld, wenn es zu Fehlbedienungen kommt.
Usability
Damit kommen wir zum Begriff der Usability. Usability kann näherungsweise als Benutzbarkeit übersetzt werden. Ihre Ziele sind:- Effektivität: Tut das System überhaupt das, was es soll?
- Effizienz: Wie schnell ist es? Die Ressourcen sollen geschont und optimal genutzt werden.
- Sicherheit: Das System darf den Benutzer nicht gefährden.
- Nützlichkeit: Tut es das, was der Benutzer sich wünscht?
- Erlernbarkeit: Gibt das System erfahrenen Benutzern die Möglichkeit, ihre Erfahrungen in Vorteile umzusetzen?
- Wiedererkennbarkeit: Wiederholende Konzepte sollten als gleich bedienbar implementiert werden.
- Zufriedenheit: im angelsächsischen Umfeld wird von UX für user experience gesprochen, die oft als Benutzererlebnis übersetzt wird.
- Nutzbarkeit (Accessibility): Dabei geht es um die Herabsetzung von Barrieren. Das System soll idealerweise für alle nutzbar sein.
Interface-Gestaltung
Schlüsselkonzepte für die Gestaltung von Interfaces
Als Basiskonzepte für die Gestaltung von Interfaces werden Constraints, Affordance und Mappings eingesetzt.- Constraints: Sinnvolle Einschränkungen verfügbarer Aktionen
- Affordance: Beziehung zwischen wahrnehmbaren Eigenschaften eines Objekts und seinen möglichen Aktionen
- Mappings: Beziehung zwischen Kontrollaktionen und Systemzuständen
Gestaltregeln (gestalt rules)
Die Gestaltregeln (gestalt rules) ermöglichen es, Bedienelemente so anzuordnen, dass der Anwender bei der Interaktion geführt wird.Mentale Modelle
Ein mentales Modell repräsentiert einen Gegenstand im Bewusstsein des Betrachters. So weiß der Betrachter welche Bewegung das Ziehen an einem Flaschenzug auslöst, ohne es auszuprobieren. Er erfasst sofort, dass ein Gewehr, das aufgrund es krummbebogenen Laufs dennoch nicht um die Ecke schießen kann.Dies kann der Betrachter erfassen, auch wenn er das physische Objekt nicht ausprobieren kann, da beim Betrachten ein mentales Modell entsteht.
Auf dieser Basis funktionert das Spiel The incredible machine von Sierra Entertainment aus dem Jahre 1993.
Mentale Modelle bedienen die Erwartungshaltung des Benutzers für ein System oder eine Situation.
Teilweise sind diese Modelle erlernt, zum Teil kann man aus Erlerntem die Bedienung schließen.
Benutzer, Entwickler, Planer, Marketing haben unterschiedliche Modelle. Siehe das Beispiel mit der Schaukel am Baum.
Beispiele sind die Vorstellung dass ein Streifen Papier hinter der Glasscheibe eines Terminals vorbeizieht, um das Scrollen zu erläutern. Auch Exlosionszeichnungen sind eigentlich mentale Modelle.
Kluft zwischen Benutzer und System
Ausführungs- und Einschätzungsdefizit (Gulf of Execution/Evaluation)
Zwischen der Erwartung des Benutzers, wie ein System zu bedienen ist und der realen Funktion eines Systems, besteht in der Regel eine Diskrepanz, die im englischen Sprachgebrauch als Gulf bezeichnet wird, um deutschen auch als Defizit.Ausführungsdefizit (Gulf of Execution)
Das Ausführungsdefizit bezeichnet die Diskrepanz zwischen der Erwartung des Benutzers und den tatsächlich erforderlichen Handlungen, die der Anwender leisten muss, um sein Ziel zu erreichen.Die Lücke führt zu der Frage: Was muss ich tun?
Einschätzungsdefizit (Gulf of Evaluation)
Das Einschätzungs- oder Auswertungsdefizit bezeichnet die Kluft beim Verständnis des Systems durch den Benutzer. Dieses Defizit kann durch ein gelungenes Mapping verringert werden. Dadurch wird Interpretation und Auswertung vereinfacht.Die Lücke führt zu der Frage: In welchem Zustand befindet sich das System?
Metaphern
Eine klassische Methode, diese Kluft (Gulf) zu überbrücken, ist die Verwendung von Metaphern. Eine Metapher holt, wie man so schön sagt, die Benutzer da ab, wo sie stehen und bilden eine Brücke zwischen ihnen und dem System. Die wohl bekannteste Metapher ist der Desktop, also die Schreibtischoberfläche bei Computersystemen. So wurden der unbekannte Umgang mit Dateien eines Computersystems durch den Umgang mit Akten auf einem Schreibtisch repräsentiert.Begrenzte Metaphern funktionieren sehr gut, wie etwa der Papierkorb für das Löschen von Daten oder der Ordner für das Zusammenfassen von Dateien (Akten).
Eine Metapher ist ein Mapping der realen Welt in die virtuelle.
Manchmal passen Metaphern nicht. Dabei können vor allem zwei Situationen auftreten:
- Underextension: Die Metapher greift zu kurz. Im Ziel gibt es Dinge, die in der Quelle fehlen. Funktionen passen nicht zum Modell.
- Overextension: Die Metapher hat Elemente, die im Ziel nicht vorkommen. Erwartungen werden enttäuscht.
Skeuomorphismus vs Flat design
Skeuomorphismus bezeichnet im Interface-Design die Nachahmung des Aussehens realer Geräte. Beispielsweise hat der Software-Taschenrechner dreidimensionale Tasten, obwohl das für die Funktion nicht erforderlich ist. Der Taschenkalender erhält eine Perforation, die Uhrzeit wird mit Zeigern dargestellt.Als Gegenbewegung hat sich das Flat Design entwickelt. Es verzichtet auf reale Abbildung. Die Reduktion auf das Wesentliche soll dem Benutzer deutlicher seine Interaktionsmöglichkeiten zeigen.
Veralten von Metaphern
Metapher können veralten. So sind die Symbole Tonbandgerät oder Diskette für sind jüngeren Generationen unverständlich, weil die realen Geräte kaum noch bekannt sind.Telefonhörer sind interessanterweise zu einem eigenständigen Symbol geworden, auch wenn heutige Telefone einen separaten Hörer in der dargestellten Form kaum noch haben.
Nutzerorientierte Gestaltung (User centred design)
Die Ursache für "menschliches Versagen" (Human Error) hatte oft mit einem schlechtem Interface zu tun. Das User Centred Design ist ein Entwicklungszyklus, der die Bedürfnisse der Benutzer, die das Produkt benutzen, in den Mittelpunkt stellt und immer wieder Befragungen und Tests mit potientiellen Benutzern in den Mittelpunkt stellt.
Anforderungsanalyse
In der Anforderungsanalyse wird ermittelt, welche Aufgabe eine Anwendung erfüllten soll.Interviews
Da der Designer nicht in die Rolle des naiven Benutzers schlüpfen kann, werden die (potentiellen) Benutzer befragt. Ein Interview geht von der Annahme aus, dass es einen Zusammenhang gibt, zwischen dem, was Leute sagen und und dem, was Leute tun.Persona
Persona sind fiktionale Personen. Der Begriff leitet sich von dem lateinischen persona her, das auch Schauspielermaske bedeutet.Eine Person besitzt verschiedene Aspekte, etwa Emotionen, Arbeit und Abschluss. Es gibt gemeinsame Variablen, die von den Personas unterschiedlich besetzt sind. Eine Persona wird in einem Szenario eingesetzt. Wann, wo und wie nutzt die Persona das Produkt? Das Ziel ist es, zu erfahren, unter welchen Umständen die Persona mit dem Produkt zufrieden ist.
Prototypen
- Low Fidelity: Der Prototyp ist strukturell bereits dicht am Endprodukt.
- High Fidelity: Sehr dicht ist der Prototyp am Endprodukt bezüglich Look and Feel.
- Feature: Breite (erst 3 von 4 Screens)
- Functionality: Tiefe (Buttons sind da, aber keine Funktion)
Datensammlung für die Beurteilung von Prototypen
Augenbewegung, Kamera auf Screen und Gesicht, Eventprotokoll des Devices, HautwiderstandInterviews: Erzähle aus Deinen Erfahrungen? Thema vorgeben, aber Frage offen halten. Hilft auch, wenn der Entwickler das Thema selbst nicht genau kennt.
Kontextualisierte Erfragung des Benutzerkontrexts am Arbeitsplatz
Dabei sollte darauf achten, dass der Benutzer als Meister betrachtet wird und der Entwickler als Lehrling. Zuerst erklärt der Meister. Später versucht es der Lehrling und der Meister kontrolliert und bestätigt die gewonnenen Erkenntnisse.
Ethnographic Interview
User-Interview in ihrer normalen Umgebung
Datensammeln: Diaries and Observation
Tagebücher: Benutzer zeichnen ihre Erfahrungen auf.
Beobachter darf den Benutzer nicht beeinflussen, damit er ehrliche Daten bekommt.
Observation: the person (who) the place (where) the thing (what)
WAMMI: Website Analysis and Mesurement Inventory
Attractiveness Controllability Efficien helfulness
NASA TLX Task Load Index Frage nach mentaly, physically und temporal demand.
Ein Design für alle angelegt werden, da das Design für den durchschnittlichen Benutzer dazu führt, da der Prozentanteil für jede Kategorie multipliziert wird, bis es nur noch für einen kleinen Teil der Bevölkerung taugt.
Design für gut genug.
Biodynamics:
Für das Rapid-Click-Prototyping gibt es verschiedene Tools
- axure RP: Lizenz
- Xd: Adobe
Besonderheiten des Sehens
Farben
Farben sind Frequenzen. Das menschliche Farbempfinden wird durch die Regenbogenfarben abgedeckt. Die kleinste Frequenz ist rot, die höchste ist violett. Infrarot ist noch nicht sichtbar. Ultraviolett ist nicht mehr sichtbar.Rote Schrift auf blauem Hintergrund flimmert, weil die Wellenlänge dieser beiden Farben am weitesten auseinander liegt.
Buchstaben
Ein halbes Grad Blickwinkel ist das Minimum für die Erkennbarkeit von Schriften. Für die Buchstabengröße gibt es folgende Faustregel:Buchstabenhöhe = Betrachtungsdistanz / 200
Dunkelheit
Cones (Zapfen für das Farbsehen) erreichen in 5-7 Minuten maximale Empfindlichkeit bei DunkelheitRods (Stäbchen) brauchen eine halbe Stunde, bis sie 80 Prozent ihrer Empfindlichkeit erreichen.
Nachts ist der Mittelpunkt ein blinder Fleck, ausgerechnet im Punkt des schärfsten Sehen. Zum Fixieren des Nachts, 10-20 Prozent daneben schauen.
Zapfen sehen bei Nacht schwächer im Bereich gelb/rot, dagegen blau/grün wird stärker.
Quellen
Die Basis dieses Textes sind Mitschriften der Vorlesung „Interface- und Interaktionsdesign“ von Sven Bertel im Wintersemester 2019/2020 und Torben Wallbaum im Wintersemester 2020/2021 an der Hochschule Flensburg.